Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente
Am 1. Januar 2001 ist das „Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit“ in Kraft getreten. Es regelt das Recht der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung neu, die in früherer Zeit als so genannte Invalidenrenten bezeichnet wurden.
Seit langem kennt das Gesetz die Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente. Besonders die Berufsunfähigkeitsrente ist aber in letzter
Zeit zunehmend in Kritik geraten. Sie habe sich – so heißt es in dem Entwurf des neuen Gesetzes – zu einer Prestigerente für Versicherte mit besonderer Qualifikation in herausgehobenen Positionen
entwickelt.
Die Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten wurde durch eine zweistufige Erwerbsminderungsrente ersetzt. Es gilt hier allerdings eine
Übergangsregelung. So gibt es für bestimmte Altersgruppen von Versicherten die Rente wegen teil- weiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Anspruch auf diese Rente haben bei Erfüllen der sonstigen
Voraussetzungen – die nachfolgend noch geschildert werden – bis zur Vollendung des 65. Lebensjahr Versicherte, die
- vor dem 2. Januar 1961 geboren sind – also bei Inkrafttreten der Reform das
40. Lebensjahr bereits vollendet haben – und
- berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von
körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist.
Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten,
- die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und
- die ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen
Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Dabei ist eine Tätigkeit stets zumutbar, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg
ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht berücksichtigt.
Darüber hinaus werden weitere Voraussetzungen für den Anspruch auf Rente bei Berufsunfähigkeit gefordert. So muss nachgewiesen
werden, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt wurden. Hiervon gibt es Ausnahmen für
Versicherte, die bereits vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit (60 Monate) erfüllt haben und seitdem ununterbrochen versichert waren oder als versichert gelten, wozu auch Zeiten freiwilliger Versicherung
zählen.
Hinsichtlich der Rentenhöhe gelten die folgenden Ausführungen zur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Das gilt auch bei einem
Hinzuverdienst.
Was aus den Altrenten wird
Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gibt es seit Anfang des Jahres 2001. Es wird aber auch noch Renten
wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit geben. Wer nämlich Anspruch auf eine solche Rente am 31. Dezember 2000 hatte, der hat diesen Anspruch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, solange die Voraussetzungen
vorliegen, die für die Bewilligung der Leistung massgebend waren.
Abhängig vom erzielten Hinzuverdienst wird eine Rente wegen Berufsunfähigkeit
in voller Höhe, in Höhe von zwei Dritteln oder in Höhe von einem Drittel gewährt. Die besonderen Hinzuverdienstgrenzen für die Berufsunfähigkeitsrente sind zu beachten.
§ 43 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch (SGB VI) sieht in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung eine Rente wegen Erwerbsminderung
vor, die sich aber in zwei Stufen aufteilt, nämlich in die Rente wegen teilweiser und voller Erwerbsminderung.
Voraussetzung für beide Rentenarten ist, dass der Versicherte
- in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine
versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit geleistet hat und
- vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit (60 Monate)
erfüllt hat.
Der Zeitraum von fünf Jahren verlängert sich beispielsweise um so genannte Ersatzzeiten. Ausserdem ist Voraussetzung, dass in den
letzten fünf Jahren drei Jahre Pflichtbeiträge gezahlt wurden. Das gilt als gegeben, wenn die allgemeine Wartezeit vor dem 1. Januar 1984 erfüllt war und seitdem ununterbrochen Beiträge gezahlt wurden.
Teil-Erwerbsminderung
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit ausserstande sind, unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Massstab für die Feststellung des Leistungsvermögens ist die Erwerbsfähigkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt,
und zwar in jeder nur denkbaren Tätigkeit, die es auf dem Arbeitsmarkt gibt. Allerdings kommen dabei nur Tätigkeiten in Betracht, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblich sind.
Damit wird sichergestellt, dass für die Feststellung des Leistungsvermögens solche Tätigkeiten, für die es für den zu
beurteilenden Versicherten einen Arbeitsmarkt gar nicht gibt, nicht in Betracht zu ziehen sind.
Die subjektive Zumutbarkeit einer Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt der Ausbildung und des Status der bisherigen beruflichen
Tätigkeit ist dabei ohne Bedeutung. Zu berücksichtigen sind allein die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Versicherten sowie eventuelle zusätzliche Einschränkungen, die sich aus der ärztlichen
Begutachtung ergeben können.
Das Leistungsvermögen des Versicherten ist anhand seiner zeitlichen Einsatzfähigkeit zu beurteilen. Um einen einheitlichen, für alle
Versicherten gleichen Massstab zugrunde legen zu können, wird auf die Stundenzahl abgestellt. Bei der Beurteilung geht es um die Frage, ob der Versicherte noch in der Lage ist, auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt unter den dort üblichen Bedingungen regelmässig im Rahmen einer Fünf-Tage- Woche mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten.
Anspruch auch für Selbständige
Anders als nach bisherigem Recht haben künftig auch Selbständige einen
Anspruch auf die volle Erwerbsminderungsrente. Auch im Hinblick darauf, dass mit der Einbeziehung arbeitnehmerähnlicher Selbständiger der Personenkreis
der in der Rentenversicherung pflichtversicherten Selbständigen erweitert wurde, wird diesem Personenkreis die Möglichkeit gegeben, gleiche Leistungen wie abhängig Beschäftigte in Anspruch zu nehmen.
Volle Erwerbsminderung: Drei-Stunden-Grenze
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit ausserstande sind, unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Voll erwerbsgemindert sind auch
- Behinderte, die beispielsweise in Behindertenwerkstätten tätig .. .
sind, aber wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf .. . dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
- Versicherte, die bereits vor Erfüllen der allgemeinen Wartezeit .. .
voll erwerbsgemindert waren – in der Zeit einer nicht . . . erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Versicherte, die bereits vor Erfüllen der allgemeinen Wartezeit voll erwerbs-
gemindert waren (Behinderung) und seitdem ununterbrochen voll erwerbs- gemindert sind, haben im Übrigen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.
Wie sich die Rentenhöhe errechnet
Die Renten wegen Erwerbsminderung errechnen sich aus allen Versicherungs- zeiten bis zum Eintritt der Erwerbsminderung. Ausserdem
werden bei jüngeren Versicherten noch die Monate vom Eintritt der Erwerbsminderung bis zum 60. Lebensjahr zusätzlich auf die Rente angerechnet.
Diese zusätzlich bei der Rentenberechnung berücksichtigte Zeit heißt „Zurechnungszeit“. Die Zurechnungszeit hat den Zweck, zu
vermeiden, dass junge Invalide, die bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung noch nicht volle Beiträge zur Rentenversicherung einzahlen konnten, mit einer „Mini-Rente“ leben müssen.
Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird entsprechend dem verbliebenen Leistungsvermögen des Versicherten in Höhe der
halben Vollrente geleistet.
Die Höhe der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist an die der vorzeitig
in Anspruch genommenen Altersrente angeglichen. Deshalb wird die Rente für jeden Monat des Rentenbeginns vor dem 63. Lebensjahr um 0,3 Prozent
vermindert. Höchstens beläuft sich die Minderung allerdings auf 10,8 Prozent. Mehr als 36 Monate Inanspruchnahme vor Vollendung des 63. Lebensjahres werden also nicht abgezogen.
Hinzuverdienst kann zu Kürzungen führen
Übt der Versicherte trotz Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung eine Beschäftigung aus, kann dies zu einer Kürzung der Rente
führen.
Entsprechend der Höhe des Hinzuverdienstes wird die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
- entweder in voller Höhe oder
- in Höhe der Hälfte
der Rente geleistet.
Die Hinzuverdienstgrenze beträgt bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
- in voller Höhe des 20,7-fache
- in Höhe der Hälfte das 25,8-fache
des aktuellen Rentenwerts, vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte der letzten drei Kalenderjahr vor Eintritt der
teilweisen Erwerbsminderung, mindestens mit 1,5 Entgeltpunkten.
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